Vergabe und Durchführung von Systementwicklungsprojekten (AG)
Beschreibung
Wie in Teil 1: "Grundlagen des V-Modells " bereits erläutert wurde, stellt das V-Modell für unterschiedliche Projekttypen jeweils speziell angepasste Projektdurchführungsstrategien zur Verfügung. Die Projektdurchführungsstrategie Vergabe und Durchführung von Systementwicklungsprojekten (AG) beschreibt eine entsprechende Vorgehensweise für den Projekttyp Systementwicklungsprojekt eines Auftraggebers.
Die Vergabe und Durchführung von Systementwicklungsprojekten beruht auf der Grundidee, dass der Auftraggeber die Notwendigkeit eines Systementwicklungsprojekts feststellt und das System nicht selbst entwickelt. Er muss daher die Anforderungen an das System festlegen. Die Entwicklung des Systems (oder einzelner Ausbaustufen des Systems) wird durch einen Auftragnehmer durchgeführt. Die dabei zu erbringenden Leistungen werden im Anschluss an ein Ausschreibungsverfahren in einem zwischen dem Auftraggeber und dem Auftragnehmer abzuschließenden Vertrag definiert. Die vom Auftragnehmer erbrachten Leistungen sind schließlich Gegenstand einer Abnahme durch den Auftraggeber.
Die Projektdurchführungsstrategie Vergabe und Durchführung von Systementwicklungsprojekten (AG) ist immer anzuwenden, wenn das Ziel eines Projekts darin besteht, ein System von einem Auftragnehmer entwickeln zu lassen.
Ablauf
Abbildung 27: Projektdurchführungsstrategie Vergabe und Durchführung von Systementwicklungsprojekten (AG)
Die Entscheidungspunkte der Vergabe und Durchführung von Systementwicklungsprojekten (AG), sowie der Ablauf sind in Abbildung 27 dargestellt. Im Folgenden wird anhand der durchlaufenen Entscheidungspunkte die Vergabe und Durchführung beschrieben:
- Im Bereich des potenziellen Auftraggebers wird unter Federführung eines Sponsors ein Projektvorschlag erstellt, der alle notwendigen Informationen enthält, um eine Entscheidung über die Umsetzung des Vorschlags in Form eines Projekts zu treffen. Unter einem Sponsor versteht man hierbei denjenigen,der, beziehungsweise die Abteilung, die ein Budget zur Projektakquisition bereitstellt. Der Projektvorschlag wird im Entscheidungspunkt Projekt genehmigt diskutiert und es wird entschieden, ob ein Projekt begonnen werden soll.
- Im Fall einer positiven Entscheidung werden ein Projekt- und ein QS-Handbuch erstellt, die im Entscheidungspunkt Projekt definiert daraufhin untersucht werden, ob sie für die Durchführung des Projekts auf Auftraggeberseite angemessen sind.
- Wenn dies der Fall ist, werden anschließend die Anwenderanforderungen aufgelistet und einer Anforderungsbewertung unterzogen. Im Entscheidungspunkt Anforderungen festgelegt werden die aufgelisteten Anforderungen vom Auftraggeber auf Vollständigkeit und Korrektheit untersucht. Im Falle einer positiven Bewertung sind die Anforderungen in Form von Anforderungen (Lastenheft) aus Sicht des Auftraggebers vorhanden und die Prioritäten festgelegt.
- Anschließend wird die Ausschreibung vorbereitet. Dazu werden unter anderem die Ausschreibungsunterlagen auf Basis eines Ausschreibungskonzepts erstellt und ein Kriterienkatalog für die Angebotsbewertung erarbeitet. In dem Entscheidungspunkt Projekt ausgeschrieben wird dann untersucht, ob die Ausschreibung freigegeben werden kann.
- Im Falle einer positiven Entscheidung wird die Ausschreibung gemäß dem im Ausschreibungskonzept festgelegten Verfahren veröffentlicht. In der Folge werden die auf die Ausschreibung eingehenden Angebote entsprechend dem Kriterienkatalog für die Angebotsbewertung ausgewertet. Es wird ein Anbieter ausgewählt, mit dem Vertragsverhandlungen geführt werden. In dem Entscheidungspunkt Projekt beauftragt entscheidet der Auftraggeber auf der Grundlage der Angebotsbewertung und der Ergebnisse der Vertragsverhandlungen, ob der ausgewählte Anbieter den Zuschlag erhalten soll. Falls ja, wird ein Vertrag zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer geschlossen. Zwischen öffentlichen Auftraggebern und Anbietern sind Vertragsverhandlungen nur unter eng begrenzten Voraussetzungen möglich. In dem Entscheidungspunkt Projekt beauftragt entscheidet der öffentliche Auftraggeber auf der Grundlage der Angebotsbewertung, welches das wirtschaftlichste Angebot ist. Der Vertrag kommt im Regelfall durch Veröffentlichung der Ausschreibung und Zuschlagserteilung an das wirtschaftlichste Angebot zustande. Dieser Vertragsschluss verpflichtet den Auftragnehmer, das Projekt auf der Basis der erzielten vertraglichen Vereinbarungen für den Auftraggeber durchzuführen.
- Der Auftraggeber hat dann die Aufgabe, im Rahmen der im Vertrag getroffenen Festlegungen die Durchführung des Auftragnehmerprojekts in der aktuellen Projektstufe zu begleiten. Dies dient der Sicherstellung des Projekterfolgs und ist eine wesentliche Aufgabe des Auftraggebers in dieser Projektdurchführungsstrategie. Im Gegenzug erhält er vom Auftragnehmer die vertraglich festgelegten Lieferungen. Die Prüfung, ob die Anforderungen durch eine vorliegende Lieferung erfüllt werden, erfolgt durch den Auftraggeber im Entscheidungspunkt Abnahme erfolgt. Sollten nun noch weitere Änderungen am System erforderlich sein, oder bei der Prüfung Mängel festgestellt werden, wird die Projektdurchführungsstrategie mit Punkt 7 fortgesetzt, ansonsten kann das Projekt bei Punkt 8 abgeschlossen werden.
- Im Entscheidungspunkt Änderungsplan festgelegt wird entschieden, ob beziehungsweise welche Änderungen noch vom Auftragnehmer vorzunehmen sind. Sind Änderungen vorzunehmen, die nur die nicht erfolgte Abnahme betreffen, dann ist das Projektergebnis nachzubessern und der Projektablauf bei Punkt 6 fortzusetzen. Ebenso ist das Projekt dort fortzusetzen, wenn keine Änderungen am geplanten Leistungsumfang anstehen (das heißt kein Änderungsbedarf durch den Auftraggeber). In diesem Fall wird das Auftragnehmerprojekt im vertraglichen Rahmen mit dem nächsten Projektabschnitt (zum Beispiel Erstellung des nächsten Inkrements) bis zu einer weiteren Abnahme fortgeführt. Sind Änderungen vorzunehmen, die vertragliche Vereinbarungen betreffen (zum Beispiel neue oder modifizierte Anforderungen), dann ist, abhängig von den Auswirkungen der Änderungen, entweder ein Vertragszusatz zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer erforderlich (Fortsetzung bei Punkt 5) oder der Auftraggeber muss wieder eine Anforderungsfestlegung durchführen (Fortsetzung bei Punkt 3). Es kann ebenfalls sein, dass der Auftraggeber den nächsten Projektabschnitt auf Basis einer bereits im Vertrag festgehaltenen Option beauftragt (Fortsetzung bei Punkt 6). Dabei können in Absprache zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer jedoch auch Änderungen, zum Beispiel des Projektplans für das Auftragnehmerprojekt vereinbart werden. Insbesondere, wenn der Auftragnehmer das System unter Verwendung der Projektdurchführungsstrategie Agile Systementwicklung (AN) entwickelt, werden im Laufe des Projekts viele Änderungen auftreten.
- Sollte die Abnahmeprüfung erfolgreich sein und es sich dabei um das letzte Inkrement des Systems, also um das komplett fertig gestellte System im eigentlichen Sinne, handeln, wird nach Verfassen des Projektabschlussberichts im Entscheidungspunkt Projekt abgeschlossen darüber entschieden, ob das Projekt abgeschlossen werden kann.
Auswahlkriterien
© Bundesrepublik Deutschland, 2004, alle Rechte vorbehalten. V-Modell® ist eine geschützte Marke der Bundesrepublik Deutschland.